Weltweite digitale Auktionen ermöglichen Ihnen den Zugang zu Kunden- bzw. Auftragspotenzialen in der ganzen Welt. Es lohnt sich deshalb, elektronische Auktionen nicht von vornherein abzulehnen und als Fluch zu sehen, sondern vielmehr als Chance zu erkennen.
Im Folgenden werden die verschiedenen Arten elektronischer Auktionen (E‑Auctions), von der Dutch Auction bis zur Cherry Picking Auction, vorgestellt.
Die Dutch Auction bzw. holländische Auktion
Die Dutch Auction wird vom Verkäufer organisiert. Der Anbieter startet mit einer hohen Preisforderung. Der Preis sinkt stufenweise, bis ein Käufer den Preis akzeptiert oder der Ausstiegspreis (vom Verkäufer festgelegt) erreicht wird. Die Krux dabei ist, dass man nie weiß, wann plötzlich einer der Bieter den Preis akzeptiert und den Zuschlag erhält. Außer dem Preis kann es auch noch weitere relevante Kriterien bei der Dutch Auction geben. Diese Auktionsform wird teilweise online, mit Bietern aus der ganzen Welt, durchgeführt. Ihren Namen trägt sie deshalb, weil sie erstmals in Holland zur Versteigerung von Blumen angewandt wurde.
Reverse Auction bzw. Rückwärtsauktion
Die Reverse Auction bzw. Rückwärtsauktion ist ähnlich konzipiert wie die Dutch Auction, jedoch mit dem Unterscheid, dass hier in der Regel der Einkäufer die Auktion durchführt.
Ein Einkäufer fordert via Internetauktionsplattform verschiedene Lieferanten zur Abgabe eines Angebotes auf. Er fragt z. B. seinen Bedarf an Regalen für ein Betriebslager an und startet mit einer Preisvorgabe. Nun unterbieten sich die einzelnen Anbieter, bis nur noch einer übrig bleibt. Der günstigste Lieferant erhält den Auftrag.
Englische Auktion bzw. Forward Auction
Dies ist eine Auktion, wie sie beispielsweise bei eBay abläuft.
Der Verkäufer startet mit einem niedrigen Mindestpreis. Anschließend überbieten sich die potenziellen Käufer gegenseitig. Dieses Verfahren wird häufig im B2C-Bereich eingesetzt.
Competitive Bidding
Beim Competitive Bidding handelt es sich um eine „klassische“ elektronische Ausschreibung.
Das Ziel des ausschreibenden Einkäufers ist es, den Anbieter zu finden, der das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Der Lieferant versucht hingegen, einen höchstmöglichen Preis anzusetzen, der gerade noch unter dem Angebot des billigsten Konkurrenten liegt. Man unterscheidet zwischen Open-Bid-Ausschreibungen, bei denen alle Angebote transparent bzw. sichtbar sind, und Sealed-Bid-Ausschreibungen, bei welchen die Angebote der Wettbewerber nicht einsehbar sind.
Verdeckte Erstpreisauktion bzw. First Price Sealed Auction
Es werden einmal verdeckte Offerten abgegeben. Der Lieferant mit dem niedrigsten Gebot erhält den Zuschlag. Die Angebote der anderen Teilnehmer sind im Kreise der Anbieter nicht bekannt.
Vickrey-Auktion bzw. Second Price Sealed Bid Auction
Diese Zweitpreisauktion zeichnet sich dadurch aus, dass der Höchstbietende einer (verdeckten) Auktion zwar den Zuschlag erhält, allerdings nur den Preis des zweithöchsten Gebotes zahlen muss. Die Bieter setzen dabei, eher als bei einer klassischen Auktion, einen Preis an, der ihrer tatsächlichen Wertvorstellung entspricht. Da die Idee auf den Nobelpreisträger William Vickrey zurückgeht, wird die Zweitpreisauktion auch Vickrey-Auktion genannt.
Japanische Auktion
Der Verkäufer erhöht bei dieser Auktionsform den Preis kontinuierlich in festgelegten Schritten. Die einzelnen Einkäufer entscheiden, ob sie weiter mitbieten. Der letzte Einkäufer, der noch im Rennen verbleibt, erhält den Zuschlag. Diese Auktionsform ist im asiatischen Raum eher verbreitet.
Parametric-Auktion
Dabei handelt es sich um eine mehrdimensionale, in der Regel nicht automatisierte Auktion, bei der einzelne Leistungskriterien von den Lieferanten vorgegeben werden, wie z. B. Qualitätsparameter, Dienstleistungen, benötigte Stückzahlen, bestimmte Lieferintervalle und -zeiten etc.
Submission bzw. Ausschreibung
Bei einer Submission wird ein Bedarf öffentlich ausgeschrieben. Anschließend werden die Gebote verdeckt, ohne dass die einzelnen Bewerber die jeweils anderen Gebote kennen, in verschlossenen Umschlägen abgegeben. Das wirtschaftlichste Angebot erhält den Zuschlag.
Submissionen werden häufig dann durchgeführt, wenn keine klaren Marktpreise für die benötigten Güter bzw. Leistungen erörtert werden können, beispielsweise im Bausektor oder bei individuellen Anlagen im Maschinenbau bzw. bei spezifischen Bedarfen der öffentlichen Hand.
Öffentliche Auftraggeber sind verpflichtet, Bedarfe in Form einer öffentlichen Ausschreibung zu bekanntzugeben. Hierbei wird zwischen der beschränkten Ausschreibung an eine geringe Anzahl von wenigen Anbietern, die vorab ausgewählt wurden, und der unbeschränkten Ausschreibung an alle infrage kommenden Lieferanten unterschieden. Unter Umständen müssen dabei die Kriterien der VOL (Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen) bzw. VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) sowie eventuelle Schwellenwerte, ab welchen dann die europaweite Ausschreibung notwendig werden kann, berücksichtigt werden.
E-Vergabe
Bei der sogenannten E-Vergabe wird analog zur traditionellen Ausschreibung zuerst der Bedarf elektronisch bzw. digitalisiert veröffentlicht. Nach dem Einholen der Angebote und deren Bewertung erfolgt die Veröffentlichung der Ergebnisse in digitaler Form, in sogenannten E-Vergabeportalen.
Cherry Picking Auction
Bei dieser Auktionsart werden für mehrere Güter bzw. Leistungen Angebote von verschiedenen Anbietern abgegeben. Der Einkäufer pickt sich die preiswertesten Teilangebote in den einzelnen Bereichen heraus. Den Auftrag bzw. einzelne Teilaufträge können demnach verschiedene Lieferanten, je nach ihrem Abschneiden in der einzelnen Produkt- bzw. Leistungsgruppe, erhalten.
Gewichtete Auktion
Neben dem Preis werden bei der gewichteten Auktion weitere Leistungskriterien – wie beispielsweise die Erfahrung, vorhandene Referenzen und Alleinstellungsmerkmale sowie die Lieferfähigkeit eines Anbieters – berücksichtigt.
Autor: Christian Kober, cfm Kober + Partner GmbH, Quelle: „Die Verhandlungsmethoden der Einkäufer“, Springer Gabler Verlag, Wiesbaden, 2018